3D in Grauwerten / Illusionen in Beton
Die Verbindung von Widersprüchen und Gegensätzen ist ein vorrangiges Merkmal der Kunst von Matthias Dämpfle. Er nimmt eine Untersuchung vor von Raum und Fläche, von leicht und schwer, von Abbild und Abstraktion. Was gemeinhin von einem Bildhauer erwartet wird – die Auseinandersetzung von Objekt und/im Raum – beschäftigt auch ihn, allerdings unter bestimmten Vorgaben. Seine Kunst ist körperhaft und die dritte Dimension immer präsent, jedoch liegt auf ihr nicht sein Hauptinteresse. Die gleiche Aufmerksamkeit wendet Matthias Dämpfle der zweiten Dimension zu, der Zeichnung auf der Oberfläche. Die gestaltete Objektform dient gewissermaßen als Untergrund und Träger für die Zeichnung und so sind die Skulpturen flach und körperhaft zugleich. Dämpfle ist ein Bildhauer, der mit ganzem Herzen Zeichner ist oder ein Zeichner, der in die Bildhauerei geraten ist.
Sein bevorzugtes Material für diesen Spagat ist der Beton. Beton ist ideal für seine Absichten. Im Gegensatz zu natürlichen Werkstoffen wie Holz oder Stein oder auch Metall, ist Beton „neutral“, er hat kein Eigenleben und erzählt nichts von seiner Herkunft. Mit seinen Eigenschaften ist der Beton von optimaler Beschaffenheit für Dämpfles künstlerisches Vorgehen. Er ist kompakt, lässt sich in jede gewünschte Form gießen, die Oberfläche kann glatt geschliffen werden und damit als Untergrund dienen für die in die Fläche eingearbeitete Zeichnung. Der Beton ist quasi das Papier für den Bleistift. Der Bleistift ist in diesem Fall der Kristallbohrer des Schleifgeräts. Matthias Dämpfles Zeichnungen sind nämlich Gravuren.
Schon während seiner Studienjahre in Karlsruhe hat er sich mit verschiedenen Gravurtechniken vertraut gemacht. Um einen optimalen Untergrund dafür zu schaffen, muss der Beton geglättet werden, bis er eine einheitlich dunkle Fläche bildet. Matthias Dämpfle verwendet französischen Zement, der sich durch seine dunkle Tönung besonders für seine Arbeitsweise eignet. Auf dem so vorbereiteten Untergrund kann mit Hilfe des Schleifgeräts gezeichnet werden. Es wird von unten nach oben gearbeitet, das heißt je mehr die Oberfläche bearbeitet wird, desto heller ist sie. So betrachtet sind die dunklen Stellen der Zeichnung, der unbearbeitete, stehengelassene, reine Beton und die hellen Partien geschliffene und damit gehöhte Stellen bis zu den fast weißen Setzungen, die denn letzten Einsatz der rotierenden Diamantnadel nachvollziehbar machen.
(Ausschnitt aus dem Katalogtext von Christiane Grathwohl-Scheffel / Museum für Neue Kunst / Freiburg)